Wir alle spüren es täglich: Ohne Leiterplatten läuft nichts, da sie in nahezu allen modernen elektronischen Geräten, von Smartphones und Computern bis hin zu Industrieanlagen und Medizintechnik, verbaut sind. Fakt ist: Der Großteil der Leiterplatten wird in Asien produziert. Allein in China gibt es mehr als 2500 Hersteller, was die Chinesen zum weltweit größten Leiterplattenhersteller macht. Doch wie genau steht es um die Produktion in Deutschland?
Leiterplatten aus Deutschland
„Made in Germany“ mag als Siegel ein wenig angestaubt klingen, gilt aber in Sachen Leiterplatten weiterhin als Qualitätsmerkmal. Zwar hat Europa leider nur einen kleinen Anteil am Weltmarkt, doch einige international angesehene Leiterplattenhersteller stammen aus Deutschland. Die hiesigen Unternehmen zeichnen sich durch hohe Qualitätsstandards, technologische Innovationen und eine starke Fokussierung auf Forschung und Entwicklung aus.
Die deutsche Leiterplattenindustrie konzentriert sich vorwiegend auf die Herstellung von komplexen, technologisch anspruchsvollen Leiterplatten für Branchen wie die Automobilindustrie, Medizintechnik und Industrieelektronik. Diese Nischenmärkte, bei denen es auf jedes Detail ankommt, setzen auf das hohe technische Know-how deutscher Hersteller. Und so heißt es nicht Masse, sondern Klasse: Viele deutsche Unternehmen haben sich auf die Fertigung von Prototypen, Kleinserien und Mittelserien spezialisiert, was ihnen ermöglicht, flexibel auf Kundenwünsche zu reagieren und maßgeschneiderte Lösungen anzubieten. Diese Fokussierung auf Qualität und Spezialisierung hat dazu geführt, dass deutsche Leiterplattenhersteller trotz der starken Konkurrenz aus Asien wettbewerbsfähig bleiben. Strenge Qualitätskontrollen und Zertifizierungen gewährleisten die Zuverlässigkeit und Langlebigkeit der in Deutschland hergestellten Produkte. Außerdem gibt es bei vielen deutschen Herstellern ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit. Einige Hersteller, wie Beta LAYOUT, bieten beispielsweise CO2-kompensierte Leiterplatten an.
Innovative Techniken
Kontinuierliche Investitionen in Forschung und Entwicklung, oft in Zusammenarbeit mit Universitäten und Forschungseinrichtungen, tragen dazu bei, dass deutsche Unternehmen an der Spitze der technologischen Entwicklung bleiben. Um besonders hochwertige Produkte herstellen zu können, nutzen deutsche Hersteller verschiedene innovative Techniken – auch der Einsatz von künstlicher Intelligenz wird erforscht, um sie schnellstmöglich effektiv einsetzen zu können. Nochmal zur Erklärung: Leiterplatten sind die Träger von elektronischen Schaltungen, die dazu dienen, elektronische Bauteile mechanisch zu befestigen und elektrisch zu verbinden. Sie bestehen meist aus einem isolierenden Trägermaterial, wie glasfaserverstärktem Epoxidharz, auf das leitfähige Kupferbahnen aufgebracht werden. Diese Bahnen ermöglichen eine kompakte, zuverlässige und effiziente Signalübertragung zwischen den einzelnen Komponenten. Durch den Einsatz hochwertiger SMD-Schablonen wird ein reibungsloser Bestückungsprozess der Leiterplatten ermöglicht. SMD-(Surface Mount Device)Schablonen werden für den präzisen Auftrag von Lötpaste auf die Leiterplatte benötigt. Je präziser die Lötpaste aufgetragen wird, desto einfacher und genauer wird die spätere Platzierung und Lötung der Bauteile. Eine Oberflächenveredlung der SMD-Schablonen erleichtert die Reinigung der Schablone und verringert die Oberflächenrauheit – so kann sie länger wiederverwendet werden. Deutsche Hersteller sehen darüber hinaus 3D-MID (Molded Interconnect Devices) als zukunftsweisende Technologie, die konventionelle Leiterplatten in bestimmten Anwendungen ergänzen oder ersetzen kann. Die Technologie ermöglicht die Integration von mechanischen und elektrischen Funktionen in einem Bauteil, was zu Raum-, Volumen- und Gewichtseinsparungen führt. Im Gegensatz zu herkömmlichen flachen Leiterplatten können 3D-MID-Bauteile nämlich beliebige dreidimensionale Formen annehmen.
Anteil der europäischen Leiterplattenproduktion am Weltmarkt
In Europa waren 1980 noch über 2.000 Leiterplattenhersteller ansässig – 2023 waren es nur noch 203 und wie es aussieht sinkt die Zahl weiter. Während chinesische Hersteller ihre Produktion hochfuhren, wurde es in Europa zunehmend stiller. Ab dem Jahr 2000 hat sich der europäische Anteil am globalen Markt dramatisch verkleinert – auf gerade einmal 2,6 %. Rechnet man Taiwan, Korea und den restlichen südostasiatischen Raum zum Riesen China dazu, entfallen inzwischen rund 85 % des Leiterplatten-Weltmarkts auf Fernost. Prekär: Der Abwärtstrend scheint noch lange nicht vorbei.
Was macht die Politik?
Die Politik hat das Problem erkannt – spät, aber immerhin. In Brüssel und Berlin redet man jetzt von Resilienz, von technologischer Souveränität und von „zurückholen“, was längst abgewandert ist. Die europäische Leiterplattenproduktion soll wieder Fahrt aufnehmen, angekurbelt von Subventionen, Förderprogrammen und großen industriepolitischen Plänen. Schlagworte wie „EU Chips Act“ oder „IPCEI“ machen die Runde. Und es fließt auch Geld – vor allem in Halbleiter, aber am Rand fällt auch etwas für die Leiterplattenbranche ab. Erreichen möchte man damit weniger Abhängigkeit von Asien, mehr Produktion vor Ort. Doch zwischen Absicht und Umsetzung liegen Welten. Denn während in Asien gebaut, produziert und exportiert wird, diskutiert man in Europa oft noch über Antragsformulare und Förderrichtlinien. Ein paar neue Projekte sind in Planung, erste Investitionen fließen. Aber es stellt sich die Frage, ob das reicht, um Europas Rolle auf dem Weltmarkt wirklich zu stärken – vor allem zeitnah.
Fazit
Wer sich die Lage nüchtern anschaut, erkennt eindeutig weiterhin die Fokussierung der Leiterplattenherstellung im asiatischen Raum. Aber: Die deutsche Leiterplattenindustrie hat inmitten eines globalisierten Markts ihre eigene Nische gefunden, in der Qualität, Präzision und Innovationskraft mehr zählen als der reine Preis. Hier geht es nicht um Masse, sondern um individuelle Lösungen, um das technisch Machbare, oft um das, was anderswo gar nicht produziert werden kann. Dass die Politik jetzt nachziehen will und den Standort Europa für die gesamte Leiterplattenindustrie attraktiver machen will, ist ein gutes Zeichen – und dringend notwendig! Entscheidend wird sein, ob es gelingt, aus den Absichtserklärungen tragfähige Strukturen zu schaffen. Denn wer wirklich souverän sein will, braucht mehr als nur Förderprogramme – er braucht ein Umfeld, in dem industrielle Wertschöpfung nicht nur möglich, sondern auch gewollt ist. Europa hat das Know-how, das Talent und die industrielle Tradition, um in ausgewählten Bereichen wieder vorne mitzuspielen. Es wird Zeit, das auch zu zeigen.